Squat und Deadlift mit der Langhantel - Compound Teil 2
Big three oder big five, Compound versus Isolationsübungen, Stärkezuwachs versus Muskelvolumen. So unterschiedlich die Trainingsansätze, so kontrovers die Meinungen der Fachwelt. Zeit für klare Worte. Der zweite Teil (nach 'Compounds und Bankdrücken Teil 1') meines Themenblogs zum Thema Compounds rückt zwei zentrale Kraftübungen in den Mittelpunkt.
SQUAT
Der Squat gehört zu den besonders intensiven Übungen im Studio und damit zu den sogenannten Big Three.
Du hast die Absicht an Stärke zu gewinnen? Squats. Du willst "trocken" trainieren? Squats. Explosivität? Squats. Natürlich ist es auch eine geeignete Übung für einen starken und definierten Unterbau.
Compound
Der Squat gilt als äußerst effektive Übung, da Du für eine perfekte Ausführung verschiedene große Muskelgruppen benötigst. Er beansprucht vor allem die vordere Oberschenkel- (Quadrizeps) und die Gesäßmuskeln, aber auch die Rumpfmuskulatur wird trainiert. Korrekt ausgeführt, spricht er also zahlreiche Muskeln an.
Squats zählen darüber hinaus zu den funktionellsten Übungen, weil sie Bewegungen simulieren, die wir täglich vielfach nutzen. Wenn Du Dich z.B. auf einen Stuhl setzt und wieder aufstehst, handelt es sich um eine Squat-Variante!
High Bar / Low Bar
Gerade Anfänger besitzen ganz unterschiedliche körperliche Voraussetzungen. Während der eine bereits mühelos eine tiefe Kniebeuge schafft, hat der andere vielleicht bereits Mühe bei einer angedeuteten Kniebeuge, bei der die Fersen auf dem Boden bleiben soll.
Training macht selbstverständlich auch hier den Meister. Da die genetische Disposition aber weiterhin für die Übungsausführung von Belang ist, gibt es unterschiedliche Squat-Varianten, die darauf Rücksicht nehmen. Zunächst einige grundsätzliche Infos, bevor ich näher auf die Squat Varianten eingehe.
Zu den physischen Voraussetzungen zählen:
- die Stärke der unteren Bauchmuskulatur und des Körperzentrums - um den Rumpf stabil zu halten.
- die Flexibilität und Beweglichkeit der Hüfte - Ausprägung und Gestalt der Hüftgelenkspfanne variieren.
- die Beweglichkeit der Knöchel. Wie weit schaffst Du es mit den Knien Richtung Fußknöchel, ohne die Bodenhaftung zu verlieren? - Hier liegt das entscheidende Kriterium für die Wahl der Squat-Übung
In der Praxis kennen wir drei Sorten von Squats:
1. Der Front Squat:
Der Name deutet die Position der zu nutzenden Langhantelstange bereits an. Diese wird vor der Schulter gehalten, oftmals wird sie auf beide Schlüsselbeine abgelegt und mit den Händen festgehalten/fixiert. Allerdings setzt diese Hantelposition große Flexibilität in den Knöcheln voraus. Die Lage des Gewichtes auf der Vorderseite der Brust lässt tiefe Kniebeugen zu. Diese Übungsvariante verlangt viel Kraftentfaltung und Aktivität aus den Oberschenkeln und der Bauchmuskulatur heraus, um den Rumpf in einer stabilen Position zu halten.
2. Der High Bar Back Squat:
In der Ausgangsposition wird die Langhantel auf den Trapezmuskel hinter dem Kopf gelegt. Der Rücken kann gerade bleiben und unter Anspannung gehalten werden. Die Augen sind nach vorne gerichtet. Diese Übungsform eignet sich insbesondere für Personen mit flexiblen Hüftgelenken. Der Druck wird auf die hinteren und vorderen Beinmuskeln gleichmäßig verteilt.
3. Der Low Bar Back Squat
Beim Low Bar legst Du die Hantel auf Höhe der rückwärtigen Schultermuskeln ab, ein ganzes Stück niedriger als beim High Bar. Der Rumpf wird deutlicher nach vorne gebeugt, was selbst bei tiefer Ausführung weniger Beweglichkeit von Knöchel und Hüfte erfordert. Diese Variante spricht zuerst die Schenkelrückseiten und den Rücken an.
Hast Du einige Wiederholungen in den beschriebenen Techniken absolviert, wird Dir die Wahl Deines Favoriten leichter fallen.
Zeit für das 1 x 1 der korrekten Technik:
- Die Füße deutlich über Hüftbreite fest auf den Boden stellen, leicht nach außen gedreht.
- Achtet darauf, das Körpergewicht auf den Fersen zu lassen. Die Knie befinden sich über den Füßen - aus Deiner Perspektive sollten die Fußspitzen nicht unter den Knien "verschwinden". Vorsicht, die Knie dürfen nicht nach innen wandern, willst Du nicht in einer Physio-Praxis landen.
- Tiefer ist nicht immer gleichbedeutend mit besser. Gerade bei einer Ausführung mit schweren Hanteln lastet enormer Druck auf dem unteren Rücken. Einfach weniger Gewicht als gewöhnlich auflegen!
- Bereite Dich gewissenhaft vor, atme tief ein und ziehe dabei den Nabel leicht ein. Fokussiere Dich darauf, den Rumpf stabil zu halten und die untere Rückenpartie leicht zu überstrecken. (Tipp: die Ellenbogen sollten gerade nach unten zeigen.)
- Gehe konzentriert in die Kniebeuge, Knie leicht nach außen und einatmen. Mit der erneuten Streckung der Beine kräftig ausatmen!
Voila. Der Squat.
Kleiner Exkurs über die richtige Fuß-Stellung: Die Art und Weise, wie Du Deine Füße positionierst, hat Auswirkungen auf den beanspruchten Beinmuskel. Setzt Du die Füße dicht nebeneinander, arbeitet vor allem der sogenannte Vastus Lateralis (außen liegender, breiter Oberschenkelmuskel).
Bei einer breiteren Fußstellung kommt der Vastus Medialis (innerer Oberschenkelmuskel) mehr ins Spiel. Hier hältst Du den Schlüssel in den Händen, um die Beine perfekt zu formen!
Deadlift (Kreuzheben)
Damit sind wir bei einer weiteren Königsdisziplin im Studio, der perfekten Übung für die richtige und eine gute Haltung! Dem Deadlift begegnen wir täglich auf vielfache Weise. Alle kennen die Aufforderung, Lasten aus den Beinen heraus zu heben, mit geradem Rücken! Das ist knapp formuliert die Formel für den Deadlift. Die Übung trainiert vor allem den großen Gesäßmuskel, die hintere Oberschenkelmuskulatur und den Rückenstrecker.
Der Deadlift ist im übrigen die Parade-Übung, wenn es darum geht, die Maximalkraft eines Athleten zu bestimmen.
Wie zuvor sind auch hier körperliche Grundvoraussetzungen entscheidend für die spätere Wahl der Variante.
Deadlift in normaler Ausführung:
- Es schadet nicht, sich vorab ein wenig aufzuwärmen, besonders der Hüftbereich sollte bereits gelockert sein.
- Stell Dich vor die Hantelstange, die über den Zehen dicht vor den Schienbeinen am Boden liegt. Die Füße stehen etwa schulterbreit auseinander.
- Der Druck des Körpergewichts liegt auf den Fersen, der Rücken ist ganz leicht im Hohlkreuz. Indem Du in die Knie gehst nach unten beugen, bis Du mit gestreckten Armen die Stange ergreifen kannst, Griff schulterbreit.
- Die Zehen sind während der gesamten Übung nach vorne gerichtet, ebenso der Blick. Die Schultern werden leicht nach vorne geschoben. ACHTUNG - Wenn Du die Augen nach unten wandern lässt, krümmt sich Dein Rücken ganz automatisch und die untere Rückenpartie wird zu sehr belastet.
- Langsam mit der Langhantel aufrichten, so dass Du ein Gefühl für das Gewicht bekommst.
Jetzt der spannendere Teil
- Ziel ist es, die Langhantel möglichst nah am Körper entlang zu führen. Zu Beginn der Bewegung nach oben befinden sich die Knie oberhalb bzw. leicht vor der Stange. Ganz wichtig (!!)- wer mit der Langhantel-Stange an den Knien hängen bleibt, streckt die Beine zu langsam!
- Die Bewegung erfolgt zweigeteilt, nach dem Strecken der Beine folgt das Aufrichten des Oberkröpers - beides sollte in einer fließenden, zusammenhängenden Bewegung erfolgen. Ist die Hantel oberhalb der Knie angelangt, wird der Oberkörper aufgerichtet, indem Du Oberschenkel- und Gesäßmuskeln belastest. Stets den Druck auf den Fersen halten - dann wird das Liften des Gewichts geschmeidiger.
- Die Bauchmuskeln sind angespannt und der ganze Körper befindet sich in Spannung. In der aufrechten Haltung angekommen, solltest Du die Schulterblätter zurückziehen, jedoch keinesfalls anheben. Zu diesem Zeitpunkt haben die Arme das Maximalgewicht zu tragen.
- Gönn Dir einen kurzen euphorischen Moment, ehe Du mit der Absetzbewegung beginnst.
Das Timing und die Schritte beim Absetzen der Langhantel-Stange entsprechen ansonsten denen der Aufrichtbewegung - nur umgekehrt:
- Euphorie
- Die Schultern werden wieder nach vorne, die Hüfte zurückgezogen und das Gewicht auf die Fersen verlagert.
- Die Knie so durchstrecken, dass die Hantelstange in gerader Linie nach unten bewegt werden kann. Sie bildet gleichsam das Kontergewicht zu Deinem nach hinten ausgestreckten Gesäß.
- Hat die Hantel die Knie passiert? Dann ist es Zeit, die Knie so weit zu beugen, dass Du mit geradem Rücken die Hantelstange auf dem Boden absetzen kannst.
Voila - ein erfolgreicher Deadlift (ein erfolgreiches Kreuzheben)!
SUMO DEADLIFT:
Nein, gemeint ist nicht das Sushi Restaurant nebenan.
Es geht einzig um die Position des Unterkörpers. Du hast sicher eine bildliche Vorstellung davon, wie die Sumo-Ringer ihre Anfangsposition einnehmen. Um einen möglichst festen Stand zu haben, nehmen sie die Füße weit auseinander, die Fußspitzen sind nach außen gedreht. Vergleichbar fällt die Ausgangsstellung beim Sumo Deadlift aus. In der technischen Ausführung unterscheidet er sich nicht vom herkömmlichen Deadlift. Denjenigen, die es mit dieser Variante versuchen wollen, sei dringend empfohlen, sich vorab gut aufzuwärmen, insbesondere den Hüftbereich! Ich spreche aus Erfahrung.
So weit der zweite Teil meines winterlichen Blogs über Komplexübungen und die Big Three!
Nun ist es an Dir, mit Eifer und Motivation "for gold" zu trainieren!
Happy Bulking!
Rick van Oudgaarden
Physiotherapeut & Personal Trainer - "Gemeinsam zur Topform"