Exzentrisches Krafttraining
Du kennst ohne Zweifel folgendes Szenario aus dem Studio: jemand legt immer größere Gewichte auf und mit Zunahme der Belastung fallen die Wiederholungen in den Sets umso schneller aus. Das birgt nicht nur enorme Verletzungsrisiken, sondern widerspricht auch einem elementaren Fitnessprinzip. Gemeint ist das sogenannte Negativtraining oder auch exzentrische Training, das insbesondere beim Überwinden von unerwünschten Leistungsplateaus hilft. Physiotherapeuten bedienen sich dieser Methode, um im Verlauf der Reha Muskelschädigungen erfolgreich zu behandeln. Du erfährst in diesem Blog, was die Methode kennzeichnet, lernst Vorteile kennen und erhältst Tipps, wie Du Dein bisheriges Übungsrepertoire daran anpassen kannst.
Was bedeutet 'exzentrisch trainieren'?
Wir führen täglich die unterschiedlichsten Bewegungen aus. Dabei machen wir ununterbrochen Gebrauch von unseren Muskeln. Jede Bewegungsausführung resultiert letztlich aus der Kontraktion und dem Entspannen von Muskeln.
Dabei wurzelt die Kraftentfaltung in drei unterschiedlichen Bewegungsmustern:
- isometrische Anspannung
- exzentrische Bewegung und
- konzentrische Bewegungen.
Bei exzentrischen Bewegungen verlängern sich die Muskelfasern, bei konzentrischen verkürzen sie sich entsprechend. Isometrisches Training lässt die Länge der Muskelfasern unverändert.
Gemeinhin unterscheiden wir im Kraftsportbereich sogenannte Push- und Pull-Bewegungen voneinander. Beispiele für Push-Übungen sind etwa Bankdrücken (Bench Press), Kniebeugen (Squats) und Beinpresse (Leg Press), während bei den Pull Ups die Klimmzüge (Pull Up), 'Rudern' mit der Langhantel (Barbell Row) sowie Kreuzheben (Deadlift) zu den Pull Bewegungen gehören. Genau das gegenteilige Bewegungsmuster der jeweils gewählten Übung steht im Zentrum exzentrischen Trainierens. Nehmen wir das Beispiel Bankdrücken: als konzentrisch bezeichnen wir das Wegdrücken der Hantel, das Sinkenlassen der Stange bis an die Brust umschreibt den exzentrischen Part.
Vorteile exzentrischen Trainings
- mehr Kraft
Der vielleicht wichtigste Vorteil vorweg - wir können bei exzentrischer Kontraktion deutlich mehr Gewicht wählen als bei konzentrischer. Daraus resultieret zwar eine höhere Schädigung der Muskelfasern (Muskelkater), indirekt aber auch ein erhöhter Wachstumsreiz in der Erholungsphase und im Ergebnis stärkere und massigere Muskeln. Ganz wesentlich für die Muskelreparatur ist natürlich eine ausreichende Eiweißzufuhr. Ein wichtiger Aspekt ist folglich, dass sich der Körper an bestimmte Kilo-Belastungen gewöhnt.
Zur Veranschaulichung - konzentrisch (Wegdrücken von Gewichten) schaffst Du es vielleicht nie 120 kg zu bewegen. Das gleiche Gewicht bis nah an die Brust abzusenken jedoch sehr wohl. Allerdings sollte Dir ein Trainingspartner bei der positiven Kontraktion hilfreich zur Seite stehen. Diese spezifische Traingsform erlaubt bei bestimmten Übungen das Trainieren über Grenzen hinweg. Bedeuteten 80 Kilogramm bislang das Limit beim Bankdrücken, dann probier es mal mit 90, indem Du isoliert nur exzentrische Wiederholungen durchführst.
- exzentrisches Training spart Energie
Im Vergleich zu normalem Training muss weniger Energie investiert werden, wodurch Du länger trainieren kannst. Es ist möglich mit mehr Gewicht zu trainieren, bei gleichzeitig geringerem Energiebedarf - eine win-win Situation.
- erhöhte Flexibilität der Muskulatur
Krafttraining hat häufig mit dem Vorbehalt zu kämpfen, dass es sich negativ auf Gelenkigkeit und Flexibilität auswirkt. Die verkürzte Muskulatur bei Bodybuildern gehe auf Kosten der Beweglichkeit, verglichen etwa mit den längeren Muskeln von Marathonläufern.
Exzentrisches Training wirkt hier postiv, da die Negativbewegung die Muskeln dehnt und die Länge der Fasern beeinflusst, ihre Beweglichkeit wird verbessert.
- vermindertes Verletzungsrisiko
Die Gefahr sich zu verletzen wird verringert. Diese Trainingsform stärkt nämlich Sehnen und Bänderapparat. Gerade intensive konzentrische Kontraktionen belasten Sehnen und Gelenke massiv und auch bei der exzentrischen Bewegung ist die Verletzungsgefahr groß.
Interesse daran die Belastung für Muskeln und Sehnen erträglicher zu gestalten? Dann halte Dich an folgende Faustregel:
- 1 Sekunde konzentrisch und 3 Sekunden exzentrisch trainieren.
Wie integriere ich exzentrische Übungen in mein normales Training?
Zu guter Letzt einige Hinweise zur Trainingsanpassung. Zur Illustration greifen wir auf das so häufig praktizierte Bankdrücken zurück. Diese Übung taugt hervorragend als Finish und sollte mit einem Helfer ausgeführt werden.
- leg Dich auf eine Bank und wähle ein Gewicht, mit dem Du ca. 20 Wiederholungen schaffen kannst
- ergreif die Hantelstange und beweg sie innerhalb von 5 Sekunden auf die Brust zu
- um selber keine konzentrische Kraft aufzubieten, bitte einen Trainingspartner, die Stange wieder in die Ausgangsposition zu bringen
- wiederhole diese Übung so lange, wie Du kannst
In dieser Art kannst Du zahlreiche klassische Übungen im Studio nach der exzentrischen Trainingsmethode anpassen.
Viel Erfolg beim Ausprobieren!