Ernährungsprogramm zum Muskelaufbau - Teil 8
Einige wichtige Ausnahmen vom GI-Standard (GI = Glykämischer Index) haben wir bereits kennengelernt. Etwa kann der Verzehr von Kohlenhydraten u.a. zu unerwünschten Fettanlagerungen beitragen. Richten wir nun die Aufmerksamkeit auf einige "spezielle" Kohlenhydrate. Beim ausschließlichen Blick auf das richtige Verhältnis der Ernährungsbestandteile werden diese häufig übersehen.
Superkohlenhydrate
Nahrungsmittel wie brauner Reis, Weizen- und Roggenbrot, Bohnen, Linsen, Haferflocken, Vollkorn, Nüsse, Samen und Erbsen sowie das Gros der Gemüse liefern reichlich Ballaststoffe. Doch Vorsicht - übertreiben Sie den Konsum nicht. Zwischen 25g und 45g täglich (abhängig von persönlichem Energiebedarf und Körpergewicht) reichen aus, um von den positiven Auswirkungen der Ballaststoffe zu profitieren.
Auch wenn den meisten die Effekte auf Gesundheit, Hungergefühl und Verdauung vertraut sind, gibt es noch einiges anzumerken. Abgesehen davon, dass Ballststoffe nur wenig Kalorien enthalten, sind sie darüberhinaus ein wertvoller Baustein bei der Produktion von Darmbakterien. Es ist vielen sicher geläufig, dass der menschliche Körper Milliarden von Bakterien, vor allem im Darm, beherbergt. Dabei kommt es auf den richtigen Mix an. Hier kommen wieder die Ballaststoffe ins Spiel, die für eine positive Balance der Darmflora sorgen. Untersuchungen weisen in diesem Zusammenhang auf die Vorzüge von sogenanntem FOS (Fructooligosaccharide) hin.
FOS ist ein Präbiotikum und ein Superfood für die Darmflora! (Nicht zu verwechseln mit pro-biotischen Bakterien, die über Nahrung und Nahrungsergänzungen aufgenommen werden müssen.) In Kürze dazu mehr. FOS hilft insbesondere dabei, die Anzahl der guten Darmbakterien zu erhöhen.
Die gute Botschaft: in den kommenden Jahren wird dieses neuartige Darmbakterienprofil zur wirksamen Waffe im Einsatz gegen Übergewicht! Das scheint weit hergeholt, aber es gibt bereits wissenschaftliche Belege zu diesem Thema. In der Zukunft wird FOS die Behandlung von Übergewicht positiv unterstützen.
Doch jetzt zu einem weiteren "speziellen" Kohlenhydrat, dem sogenannten Waxy Maize. Gemeint ist wachsartige Maisstärke, ein Supplement aus komplexen Kohlenhydraten, das nicht notwendig auf Mais basiert. Sie kann neben Mais auch aus Gerste oder Kartoffeln gewonnen werden.
Vorteil dieser verzweigten Stärke: Enzyme können es rasend schnell verarbeiten, es verweilt nicht lange im Darmtrakt, sondern gelangt rasch ins Blut und sorgt für gefüllte Glykogenspeicher. Und das weit besser als andere Kohlenhydrate mit einem hohen GI Wert!
Beinahe genauso gut sind Dextrose oder Maltodextrin, ebenfalls reich an Kohlenhydraten, die man nach einem Workout gut gebrauchen kann.
Ansonsten gilt die alte Weisheit: Esst viel Obst und Gemüse! Neben ihrem günstigen Einfluss auf die Darmbakterien (dank der Ballaststoffe) enthalten Obst und Gemüse Phytochemikalien (sekundäre Pflanzenstoffe). Diese besitzen eine ganze Bandbreite an Gesundheitseffekten - nicht zuletzt in Sachen Fettverbrennung und körperlicher Regeneration. Wenig stärkehaltiges Gemüse ist meist reich an gesunden Nährstoffen und durchweg arm an Kalorien. Vereinfacht ausgedrückt - pro Kalorie liefern sie wenig Energie aber viele wertvolle Nährstoffe (Nutrienten) und bremsen dazu den Appetit.
Einige Beispiele für stärkearmes Gemüse: Gurken, Kopfsalat, Sellerie, Pfefferschoten, Bohnen, Brokkoli, Blumenkohl, Zwiebeln, Lauch, Knoblauch, Kohl sowie die meisten anderen grünen Gemüsesorten.
Der Gebrauch von Kohlenhydraten:
Überraschenderweise übersehen selbst erfahrene Bodybuilder zuweilen folgenden Punkt. Nach dem Training benötigt unser Körper Kohlenhydrate, um die geleerten Glykogenspeicher wieder aufzufüllen. So wird einerseits Brennstoff fürs Folgetraining, andererseits die für die Regeneration notwendige Energie bereitgestellt. Der Körper begegnet auf diese Weise möglichem Muskelabbau und verbessert gleichzeitig die Aufnahmefähigkeit von Aminosäuren und Kreatin in den Muskeln.
Die kleine Mahlzeit nach dem Training sollte daher für gewöhnlich aus einer Portion schneller Kohlenhydrate (mit hohem GI) bestehen. Ausgehend von 0,8g je kg Körpergewicht, passen Sie Ihre dem Shake beigemischte Menge an - je nach Ziel/Resultat hinsichtlich Aufbau von Muskelmasse und/oder Fettabbau. Halten Sie streng Diät, müssen Sie eher den Kohlenhydratanteil der anderen Mahlzeiten reduzieren, bevor Sie das wichtigste Extra nach dem Training kürzen. Was die Zeit vor dem Workout angeht, ist es ratsam, zwischen 1-3 und 5 Stunden vorher eine Mahlzeit mit durchschnittlichem Kohlenhydratanteil zu wählen, je nach Trainingsziel (bei Körperfettreduktion- eher 5 Stunden vorher, bei Aufbau von Masse eher 3 Stunden).
Sie erinnern sich - das, was Sie zwischen 30 Minuten und 5 Stunden vor dem Training zu sich nehmen, liefert faktisch den Brennstoff für Ihre Muskeln. Sollten Sie vorrangig am Aufbau von Muskelmasse interessiert sein oder fällt es Ihnen schwer, Gewicht zuzulegen, sind Aminosäuren dicht vor dem Workout eine gute Wahl (25-30g + 6g essentielle). Das sorgt für die größtmögliche Eiweißsynthese während des Trainings, so weit die Fachliteratur.
Im Falle einer Diät verzichten Sie weitestgehend auf Kohlenhydrate. Was die weiteren Mahlzeiten anbelangt, entscheiden Sie sich für wenig Stärke enthaltendes Gemüse und Obst (Gesamtanteil ein Drittel). Erhöhen Sie schrittweise den Anteil, bis Sie erste Fortschritte erzielen. Bei Verzicht auf einen angemessenen Gemüse- und Obstanteil in Ihren Mahlzeiten, riskieren Sie einen Mangel an den so wertvollen Mikronutrienten, die zu einem früheren Zeitpunkt Thema waren. Das bedeutet gleichzeitigen Verzicht auf allerlei positive Auswirkungen der eben erwähnten Nährstoffe (etwa Ballaststoffe, Photochemikalien).
Fazit zu den Kohlenhydraten:
Wie schon bei den Fetten, gibt es auch bei den Kohlenhydraten gute Gründe, nicht nur auf die Nahrungszusammenstellung zu schauen. Kohlenhydrate bestehen aus einer großen Vielfalt pflanzenartiger Nahrungsquellen, die eine Vielzahl nützlicher Nährstoffe oder auch "leere" Kalorien enthalten. Manche entfalten ihre Wirkung am besten nach dem Training, andere wiederum eignen sich als fester Bestandteil der übrigen Mahlzeiten. Möglicherweise hat dieser Artikel einige Mythen und Missverständnisse aus dem Weg geräumt. Kennengelernt haben wir ebenfalls die Basics rund um das Thema Kohlenhydrate vor und nach dem Training.
Entscheidende Erkenntnis: Kohlenhydrate sind nicht alleine Energiequellen, sondern besitzen eine Vielzahl nützlicher Effekte, die es im Auge zu behalten gilt. Setzen Sie diese gezielt ein zum Vorteil Ihres Wohlbefindens, Ihres Leistungsvermögens und Ihrer Form!
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Teil I, Teil II und Teil III, Teil IV, Teil V, Teil VI und Teil VII sind bereits online und weitere Artikel folgen.